Barbara Drescher (Landschaftsplanerin)

2015-03-22 14.50.31

Zum Abschluss von Occupy Villa Berg interviewen wir engagierte Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Aktionen den Park der Villa Berg bereichert und belebt haben. So haben wir auch Barbara Drescher, freie Landschaftsplanerin und Expertin beim Botanischen Spaziergang ein paar Fragen gestellt.

Könnten Sie uns die Führung, die Sie angeboten haben, kurz beschreiben?

Ich habe zum astronomischen Frühjahrsanfang im März 2015 einen botanischen Spaziergang angeboten und wollte die „Wiederauferstehung der Natur“ veranschaulichen. Außer dem Park selbst konnten die TeilnehmerInnen dessen landschaftliche Einbindung und Zuordnung zu Nesenbachtal und Neckartal erkennen.

Welche Besonderheiten zeichnen aus Ihrer Sicht Villa Berg und Park aus?

Bei der Parkführung wollte ich v.a. auf die Landschaftsqualitäten des Gipskeuper-Hügels eingehen, der genau oberhalb der Nesenbach-Mündung in den Neckar liegt und daher beide Fließgewässer zu Füßen hat. Die landschaftliche Gestaltung im englischen Stil ließ die natürlichen Gegebenheiten des Hügels mit Eschen-Ahorn-Hangwäldern zum Neckar hin zur Geltung kommen. Im 19. Jahrhundert veränderte man die Bodenoberfläche nicht so grobschlächtig, wie das heute oft der Fall ist.

Durch die freie Lage des Hügels hat man je nach Hangausrichtung sehr unterschiedliche Sonneneinstrahlung und Wärmegenuss für Pflanzen, Tiere und Menschen. Bei der Parkanlage hat man dies genutzt und je nach Himmelsrichtung z.B. einen Rosengarten angelegt oder eine Grotte. Viele der exotischen Baumarten, die man als Statussymbole von Rhein, Mittelmeerraum und anderen Gegenden hergeholt und gepflanzt hat, sind – je nach Wärmebedürfnis – sorgfältig den verschiedenen Hangausrichtungen zugeordnet.

Das Hochplateau, auf dem sich vor dem Bau der Villa Berg wohl Gärten und Äcker befanden, wurde durch Alleen mit der Villa verbunden. Ansonsten wurde es wohl eher licht gehalten, um die Blickbeziehungen zu den anderen Anwesen der königlichen Familie sichtbar zu machen. in dem Parkteil gibt es bis heute im frühen Frühling mit dem Acker-Gelbsternchen (Gagea villosa) ein seltenes Relikt aus der Zeit der Gärten und Weinberge zu sehen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die naturräumliche Vielfalt im Park eine hohe Standort- und Artenvielfalt mit sich bringt. Und das sieht und fühlt man – auch wenn man nichts von einzelnen Arten weiß!

Die Pflanzenartenvielfalt der Hangwälder, in denen es im Frühjahr Blausternchen, Gelbe Anemonen und Lerchensporn in großer Anzahl gegeben haben dürfte, wird heute mit Zierpflanzen den Parkbesuchern vor Augen geführt: So ist die Krokuswiese eine der Attraktionen des Parks. Kommend vom Osteingang wird man im Frühling mit blauen, weißen und hell-türkisfarbenen Pflanzenteppichen aus Szilla (Blausternchen) empfangen. Im Park hat man Naturgenuss und Gartenkultur vom Feinsten auf kleinem Raum und v.a. auch in der Nähe von dicht bebauten Siedlungen!

Was wollten Sie den TeilnehmerInnen vermitteln?

Ich wollte mit der Führung deutlich machen, dass Grünanlagen dann am Besten geplant und gestaltet werden, wenn sich die Planer auf die natürlichen Gegebenheiten einlassen und diese bei der Gestaltung der Anlage herausarbeiten – anstatt gegen die Natur zu arbeiten.

Wie waren die Reaktionen und Rückmeldungen der TeilnehmerInnen?

Sehr gefreut habe ich mich über die Rückmeldung einer älteren Dame. Sie hat mir Tage drauf begeistert erzählt, dass es sogar ihren jungen Neffen gefesselt habe, was man da sehen und erkennen konnte. Für ihn war es wie „Spuren lesen“ in der Natur.

Was bedeuten Villa Berg und Park für Sie persönlich?

Es sind die Kleinode in unserer Stadt, die man bewahren und pflegen muss. Ihr Nutzen für Kunst, Kultur und Erholung der Menschen in direkter Nähe von Siedlungen ist unermesslich hoch. Im Vergleich dazu sind die Kosten für Erhalt und Pflege der Parks eher noch gering. Das ist in meinen Augen das am besten investierte Geld für die Bürger in unserer Stadt!

Mehr Bilder zum Botanischen Spaziergang finden Sie hier.