Eine Frage an Franz Pesch: Welche Rolle spielen die Villa und der Park für die Stadtentwicklung?

Stuttgart muss handeln: Die Villa Berg und der Park stellen sowohl in ihrer historischen Bedeutung wie auch in ihrer aktuellen Situation ein unschätzbares Potenzial für die Stadtentwicklung dar. Die Chance, die sich für den Stadtteil und die Stadt aus dem Auszug des SWR und dem Eigentumswechsel ergibt, muss daher genutzt werden. Die Anlage darf nicht weiter vernachlässigt werden, sondern muss ihrer Bedeutung entsprechend wieder ins Bewusstsein der Stadt rücken und mit der gebührenden planerischen Aufmerksamkeit bedacht werden.

Die Parkanlage: Aus Sicht der Stadtentwicklung übernimmt der Park heute zugleich mehrere wichtige Aufgaben: Als grüne Lunge im Inneren der Stadt sind die unversiegelten Flächen und zahlreichen Bäume wichtig für das Mikroklima. Als grüner Trittstein kann er Teil einer wichtigen Verbindung vom Schlossgarten zum Neckar werden, wenn sich die Stadt weiter zum Fluss hin entwickelt. Ergänzend zu den Schlossgartenanlagen und dem Rosensteinpark dient der Park der Villa Berg als stadtteilbezogener Ort der Erholung und Entspannung, hat darüber hinaus aber auch als grünes Wohnzimmer der östlichen Innenstadt größte Bedeutung für die benachbarten Stadtteile Berg, Raitelsberg und Stöckach und kann als stadtteilübergreifender informeller Treffpunkt in einem heterogenen Stadtbezirk und einer vielfältigen Nachbarschaft dienen. Diese Funktionen sollten bei seiner Pflege und Weiterentwicklung bedacht werden.

Die Villa: Der mehrjährige Leerstand der Villa hat zu einem beklagenswerten Zustand der Bausubstanz geführt, der dringend behoben werden muss. Die aktuelle Unsicherheit und die missliche Situation müssen schnellstmöglich beendet werden, um einem weiteren Verfall des Gebäudes entgegenzuwirken. Räumlich kann das Gebäude als markanter Orientierungspunkt in der Stadt dienen, funktional als ein Ort der Gemeinschaft – für den Stadtteil und darüber hinaus.

Angesichts der stadtentwicklungspolitischen Bedeutung des Komplexes ist eine Privatisierung des Gebäudebestands ebenso wenig vorstellbar wie eine großflächige Nutzung für den Wohnungsbau. Der Park der Villa Berg muss öffentlich zugänglich bleiben und bietet – in sich geschlossen – das Potenzial für eine zukunftsträchtige Verbindung von Freiraum und Kultur.

Wie der Erhalt historisch bedeutsamer Bausubstanz und die Parknutzung positiv zusammenwirken können, zeigen in beispielhafter Weise Projekte wie etwa die Serpentine Gallery in London oder auch – ganz in der Nähe – die Villa Merkel in Esslingen.

Aus Sicht der Stadtentwicklung ist es ein Glücksfall, dass sich Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger für eine öffentliche Nutzung der Gebäude und des Parks einsetzen. Diese Engagement sollte aufgegriffen werden, um in einem öffentlichen Dialog eine gute Lösung zu erarbeiten.

Franz Pesch, Architekt und Stadtplaner, studierte Architektur und Städtebau an der RWTH Aachen. Nach seiner Promotion 1981 gründete er sein eigenes Büro Pesch & Partner in Herdecke (NRW). Seit 1994 ist er Professor für Stadtplanung und Entwerfen am Städtebau-Institut der Universität in Stuttgart, wo in diesem Zusammenhang ein zweiter Bürostandort entstand. In Stuttgart ist er u.a. verantwortlich für das Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahr 2006 und Mitglied im Städtebauausschuss der Stadt.

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