Offener Fragenkatalog an die Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat

Als sich unsere Initiative Occupy Villa Berg im vergangenen Sommer formiert hat, war es unser erklärtes Ziel, allen BürgerInnen eine offene Informations- und Ideen-Plattform zur Villa Berg und ihrem Park zu bieten. Wir haben Ideen, Wünsche und Geschichten gesammelt. Die aktive Teilnahme der StuttgarterInnen an unseren drei „Planungspicknicks“ und der rege Informationsaustausch auf unserem Blog und unserer Facebook-Seite waren überwältigend. All dies haben wir in unserem Bericht „Occupy Villa Berg – Ideen, Wünsche und Bilder 2013“ dokumentiert.

Nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats haben nicht nur wir dem Tag des Rückkaufs entgegengefiebert. Nach Jahren des Stillstands endlich Aufbruchsstimmung. Kein weiterer Verfall des identitätsstiftenden Ortes.

Am 9. Dezember 2013 hat der Investor PDI sein Vorkaufsrecht für das Areal Villa Berg wahrgenommen. Diese Nachricht kam für viele Bürger überraschend, die zahlreichen enttäuschten Reaktionen im Internet sind Zeichen dafür.

Wir möchten den BürgerInnen weiterhin eine Informationsplattform bieten und für Transparenz sorgen und fragen deshalb: Wie geht es weiter?

Obwohl die Hauptverantwortung für die weitere Entwicklung des Areals derzeit in den Händen des Investors liegt, hängt viel davon ab, welche Rechte der Stuttgarter Gemeinderat ihm im weiteren Planungsverlauf einräumt.

Daher erwarten wir von Ihnen Antworten auf die folgenden Fragen:

1. Die Grundsatzbeschlüsse des bisherigen Gemeinderats – Unumstößlich?

Der Gemeinderat hat sich in seiner derzeitigen Zusammensetzung dafür ausgesprochen, dass die Villa und die Sendestudios zurückgekauft und die Sendestudios zugunsten einer Erweiterung des Parks abgerissen werden sollen.

  • Stehen Sie langfristig dafür, dass die Villa, die Studios und das komplette Gelände zurückgekauft werden sollen? Wenn nein, welche anderen Wege sind aus Ihrer Sicht denkbar?
  • Stehen Sie langfristig dafür, dass die Sendestudios einer Parkerweiterung weichen sollen? Wenn nein, welche Alternativen sehen Sie? Wie stehen Sie zum Vorschlag im Park Wohnungen zu bauen?

2. Der Leerstand – Hinnehmbar?

Die Villa Berg steht nun seit fast zehn Jahren leer, gleichzeitig sind kulturelle und kreative Räume in Stuttgart rar.

  • Setzen Sie sich dafür ein, eine Zwischennutzung der Villa oder der Sendestudios zu ermöglichen? Wenn ja, was ist aus Ihrer Sicht möglich und wo liegen die Grenzen?

3. Denkmalschutz und Verfall – Akzeptabel?

Der Verfall der Villa Berg ist deutlich zu erkennen, Kälte und Feuchtigkeit greifen die Gebäudesubstanz an und verursachen Schäden. Bereits vor dem Leerstand wurden Sanierungsarbeiten auf das Notwendigste begrenzt. Dabei trifft die Eigentümer von Kulturdenkmalen eine gesetzliche Pflicht, sie zu erhalten.

  • Sehen Sie Möglichkeiten, den Verfall zu stoppen?
  • Sollen verantwortliche Personen oder Unternehmen aus Ihrer Sicht in die Verantwortung genommen werden? Wenn ja, wer und in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?
  • Was werden Sie tun, dass sich solche Entwicklungen künftig nicht wiederholen?
  • Welchen Umgang mit geschützter, äußerer Hülle der Villa Berg und dem ebenfalls geschützten Sendesaal schlagen Sie vor?

4. Die vorgelegten Ergebnisse der Initiative – Praxisrelevant?

Bei den von Occupy Villa Berg durchgeführten Planungspicknicks sind vielfältige Nutzungsideen für Villa, Sendestudios und Park entstanden. Dies wurde im Abschlussbericht und im Blog ausführlich dokumentiert.

  • Was kann die Arbeit der Initiative aus Ihrer Sicht zum Fortgang des Projekts beitragen?
  • Wie können die BürgerInnen bei der zukünftigen Entwicklung des Gebiets beteiligt werden und mitwirken?

5. Refinanzierung des Rückkaufs – Notwendig?

Bereits in der Vergangenheit gab es Nutzungskonzepte, die sich aus unterschiedlichen Gründen als nicht tragfähig erwiesen haben. Anders als bei einer privatwirtschaftlichen Lösung stellt sich bei einem öffentlichen bzw. gemeinnützigen Konzept die Frage, in welchem Umfang eine Refinanzierung erwartet wird.

  • Sollte der Rückkauf aus Ihrer Sicht teilweise oder vollständig refinanziert werden? Wenn ja, welche Modelle sind denkbar?
  • In welchem Maß ist aus Ihrer Sicht eine öffentliche Förderung des laufenden Betriebs möglich?

6. Ein Nutzungskonzept für das Areal – Vorhanden?

Das Gesamtareal wurde über Jahre vernachlässigt und ist damit auch aus dem Bewusstsein vieler jüngerer Stuttgarter BürgerInnen verschwunden. Gleichzeitig sind Villa Berg und Park für die Stadt-, Landes- und Mediengeschichte von großer Bedeutung. Aus der Geschichte kann Zukunft erwachsen.

  • Angenommen, es gelingt der Stadt, das Areal vom Investor zurückzukaufen. Wie sieht das von Ihnen präferierte Nutzungskonzept dann konkret aus?

7. Bürgerschaftliche und selbstorganisierte Formen der Finanzierung und Trägerschaft von Kulturdenkmalen – Innovativ und tragfähig?

In Deutschland entstehen seit längerer Zeit immer wieder auch bürgerschaftliche und selbstorganisierte Beispielprojekte für die Finanzierung und Trägerschaft von Kulturdenkmalen, z.B. der Bürgerpark Bremen, das Lingnerschloss Dresden, die Seidlvilla München, die Bewegung „Komm in die Gänge“ in Hamburg oder der Bürgerbahnhof Leutkirch. Im Bericht „Occupy Villa Berg Ideen, Wünsche und Bilder 2013“ beschreibt die Initiative einige dieser Projekte.

  • Was halten Sie von den Beispielen?
  • Sind diese aus Ihrer Sicht auf die Villa Berg (ggf. und die Sendestudios) übertragbar?