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OVB-Team 2013

Teamfoto Geschichte trifft Zukunft – Occupy Villa Berg ist eher ein Netzwerk als eine Institution. Das Team setzt sich zusammen aus Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Fähigkeiten, die sich unterschiedlich intensiv einbringen. Hier aufgelistet ist das Team, das den Beteiligungsprozess im Jahr 2013 begleitet hat.

  • Christine Blankenfeld hat Soziologie und Politikwissenschaft studiert. Sie lebt seit 1985 in Stuttgart und fühlt sich der Stadt und ihren Menschen verbunden. Das Thema Stadt, die Nutzung des öffentlichen Raums und die Schnittstelle zwischen Architektur und Sozialem zieht sich als roter Faden durch ihr berufliches und politisches Engagement. Sie engagiert sich bei Occupy Villa Berg, weil hier Bürgerinnen und Bürger mit hoher Kompetenz und einem unglaublichen Engagement gemeinsam etwas Neues auf die Beine stellen. Hier finden Sie Christine Blankenfelds persönlichen Erfahrungsbericht.
  • Deborah Brinkschulte ist junge Architektin und Stadtplanerin im Praktikum mit einem besonderen Interesse an öffentlichen Räumen. Durch ihre Arbeit – aber auch als Teilnehmerin bei unterschiedlichen Planungswerkstätten – hat sie Erfahrung mit partizipativen Stadtentwicklungsprozessen gesammelt. Privat ist sie leidenschaftliche Stadtfotografin und Teil des Urban-Gardening-Teams bei Inselgrün.
  • Sakeena Dietrich entwickelt und visualisiert als freischaffende Grafik-Designerin, Fotodesignerin und Illustratorin Kommunikationskonzepte für Werbung, Kultur und gemeinnützige Vereine. Zur Zeit setzt sie sich mit dem Studium Film und Video an der Merz Akademie auseinander. Als Mutter und Parkanwohnerin möchte sie sich für eine Zukunft der Villa Berg und des Parks engagieren, die den Einwohnern Stuttgarts gerecht wird.
  • Tabea Freutel ist Kulturwissenschaftlerin und Stadtforscherin und nach zehn Jahren wieder zurück in ihrer Heimatstadt. Hier freut sie sich über einige Dinge, die sich nicht ändern, aber auch über viele neue Ideen und Initiativen, die Stuttgarts öffentliches Leben noch abwechslungsreicher machen. Sie interessiert sich für Partizipation von Kindern in Planungsprozessen, beruflich unterstützt sie Kinder und Jugendliche auf deren Bildungsweg. Hier finden Sie Tabea Freutels persönlichen Erfahrungsbericht.
  • Michael Haußmann wohnt in direkter Nachbarschaft des Parks der Villa Berg. In seiner Freizeit macht er am liebsten (Panorama-)Fotos und veröffentlicht diese auf Lightsniper. Im Berufsleben kümmert er sich in der Stadtverwaltung um Zahlen und Wahlen.
  • Lena Keuerleber ist Mediengestalterin für Digital- und Printmedien, arbeitet als freischaffende Fotografin und entwickelt Webauftritte und Imagefilme für mittelständische Firmen. Sie ist gebürtige Stuttgarterin und lebt mit kurzen Unterbrechungen seit 33 Jahren in der Landeshauptstadt. Zur Zeit studiert sie Film und Video an der Merz Akademie und besucht den Park gern mit ihrer Tochter. Sie ist in der Konferenz des Gesamtelternbeirats der Stuttgarter Kita- und Horteltern aktiv. Als langjährige Betreiberin des Kunstateliers „Atelier Unsichtbar“ am Nordbahnhof liegt ihr die Stadt Stuttgart und ihre Subkultur sowie die kulturelle und soziale Stadtentwicklung sehr am Herzen.
  • Tobias Köngeter lebt seit 24 Jahren in Stuttgart. Neben seiner Arbeit als Mediengestalter macht er Musik und realisiert verschiedene kreative Projekte, wie beispielsweise im Mai 2013 den ersten Stuttgarter Fotomarathon. Er engagiert sich gerne für ein lebens- und liebenswertes Stuttgart.
  • Niombo Lomba ist vielfältig in der Stadt engagiert als Stadträtin (Grüne) oder in Vereinen wie dem Theater Rampe. Immer geht es ihr auch darum Menschen zusammenzubringen und Engagement zu unterstützen wie auch Freiräume für Mensch, Natur und Kreatives zu schaffen. Auch beruflich beschäftigt sie sich mit der Beteiligung und dem Engagement von BürgerInnen.
  • Ralf Maier hat in den Jahren zwischen 2001 und 2006 viele Erfahrungen in der Quartiersarbeit im Stuttgarter Hospitalviertel gesammelt. Er liebt seine Stadt und ihn treibt das Engagement dafür um, ob nun im Internet, auf der Straße oder an Projekten wie diesem. Hier finden Sie Ralf Maiers persönlichen Erfahrungsbericht.
  • Daniela Metz ist Kulturmanagerin. Zusammen mit Tina Saum hat sie die flanerie – labor für gedanken  & gänge gegründet. Mit unterschiedlichen Stadtkultur-Projekten möchten sie die Lust aufs Flanieren und auf die Alltäglichkeit der Stadt wecken. Mit Projekten wie “GUTE BUDE” und “umwege&unorte” experimentiert die flanerie im öffentlichen Raum. Daniela Metz arbeitet bei LIFT Stuttgart als Projektleitung Event. Hier finden Sie den persönlichen Erfahrungsbericht von Daniela Metz.
  • Carolin Pröpper hat Architektur und Stadtplanung studiert. Sie hat privat und studiumsbedingt ein großes Interesse an historischen Gebäuden und deren Geschichte(n). Privat beteiligt sie sich am Urban-Gardening-Projekt Inselgrün.
  • Thorsten Puttenat komponiert und produziert Musik für Film, Werbung und Hörbücher – pflegt aber auch das Liedermachen für sich selbst und andere. 1974 geboren und in Stuttgart lebend, arbeitet er in diesem Bereich seit nunmehr 16 Jahren. Als Mitbegründer von fluegel.tv und der Initiative „Unsere Stadt – Stuttgart gestalten“ hat er sich in der jüngeren Vergangenheit für ein von den Bürgern gestaltetes Stuttgart stark gemacht und ist dem Thema bis heute treu geblieben. Hier finden Sie Thorsten Puttenats persönlichen Erfahrungsbericht.
  • Johannes Rentsch wünscht sich eine Stadt der Teilhabe und gemeinwohlorientierten Wertschöpfung. Als Landschaftsarchitekt und angehender Stadtplaner widmet er sich Stadträumen als den Orten des Zusammentreffens und lokalen Austauschs. In seiner Freizeit beteiligt er sich begeistert am Urban Gardening-Projekt Stadtacker an den Wagenhallen.
  • Daria Stanecko ist angehende Kauffrau für Bürokommunikation und lebt seit 5 Jahren auf den angrenzenden Fildern. Im Frühjahr dieses Jahres wirkte sie beim ersten Fotomarathon in Stuttgart mit, bei dem es um den besonderen Blick für die Umgebung ging. Genau dieses Motto setzt sich beim Engagement für die Villa Berg fort – das Besondere erkennen und die Menschen dafür sensibilisieren.
  • Jörg Trüdinger ist in Stuttgart geboren und aufgewachsen und seit 17 Jahren in Stuttgart-Ost ansässig. Seit 10 Jahren ist er Mitglied im Bezirksbeirat Ost und seit vier Jahren Sprecher der SPD-Fraktion. Die Villa Berg und der Park begleiten ihn seit Beginn seiner Tätigkeit und sind ihm eine absolute Herzensangelegenheit. Er ist Miteigentümer von Such & Find – einem An- und Verkaufsgeschäft für altes Spielzeug und vieles mehr.
  • Maximilian Wewer ist zum Studium nach Stuttgart gekommen und hat seitdem die Stadt liebgewonnen. Er ist Architekt im Praktikum in einem Stadtplanungsbüro und interessiert sich insbesondere für Umnutzung im Bestand.

Erfahrungsbericht Ralf Maier

Es ist jetzt etwa drei, vier Monate her, als Thorsten Puttenat mir von einem sehr interessanten Projekt erzählte. Es ginge da um die Villa Berg, deren Schicksal sozusagen in den Händen eines Investors läge und darum, dass dieses wunderbare Kleinod inmitten des Stuttgarter Ostens womöglich zu einem Luxusobjekt für Wohlhabende, ohne jeden Wert für die große Mehrheit der Bevölkerung werden könnte. Und er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, bei „Occupy Villa Berg“ mitzumachen, da ich vor einigen Jahren schon einmal an einem Projekt beteiligt war, in dem es darum ging, das Bewusstsein der Bürger für einen Teil ihrer Stadt zu wecken und die Begeisterung dafür neu zu entflammen.

Ich musste gar nicht lange nachdenken. Zwar war mir die Villa Berg nur vom Hörensagen ein Begriff, war ich doch bestenfalls – die Spaziergänge im Park liegen mehr als 15 Jahre zurück – ein, zwei Mal im Park unterwegs, in der Villa selbst noch nie. Im Grunde war mir die Villa Berg fremd und hat in meinem Stadtbewusstsein bis dahin eigentlich gar keine Rolle gespielt.

Je mehr ich mich mit der Villa befasste, umso vertrauter wurde mir die „alte Dame“, um so wunderbarer wurde für mich die Idee, sich bereits zu einem Zeitpunkt Gedanken über die Zukunft der Villa Berg und des wunderschönen Parks zu machen, zu dem noch nicht einmal klar ist, ob es dazu überhaupt kommen kann – einem Ort von allen Bürgern für alle Bürger. Mit jedem Picknick, mit jedem Interview wurde klarer, dass ein großer Gestaltungswille seitens der Bürger für dieses vergessene Paradies mitten in der Stadt vorhanden ist.

Dabei zu sein, wenn Geschichte auf Zukunft trifft, mitzuwirken an diesem Projekt, zu sehen, wie aus einer kleinen Idee ein Schmelztiegel für Träume, für Erinnerungen und ja, auch für Visionen entsteht, war eine großartige Erfahrung.

Für die Zukunft der Villa Berg wünsche ich mir, dass die Stadt Stuttgart, der wir die Ergebnisse der Bürger übergeben werden diese mit großer Sensibilität berücksichtigt. Ich wünsche mir auch, dass sie ihrem selbst formulierten Ansatz, bei der Nutzungsplanung die Bürger einzubinden, auch gerecht wird, indem sie uns allen von Anfang an die Gelegenheit gibt, mitzudenken, mitzuentwickeln, mitzuplanen. Denn nur dann wird aus dieser ehemaligen königlichen Sommerresidenz ein wahrhaft bürgerlicher Begegnungsort, ein Zentrum, an dem sich alle treffen und in dem sich alle wiederfinden können.

Erfahrungsbericht Daniela Metz

Warum ich mich engagiere?

Ich engagiere mich bei Geschichte trifft Zukunft – Occupy Villa Berg, da ich der Meinung bin, dass in Stuttgart eine krasse Diskrepanz zwischen den umgesetzten Nutzungskonzepten für Leerstand bzw. freie Flächen und den Bedürfnissen der Bürger und unterstützungswürdiger Teil-Öffentlichkeiten nach Räumen und Orten existiert.

Geschichte trifft Zukunft – Occupy Villa Berg ist für mich ein wichtiges Experiment und erster Schritt Bürger auf eine lustvolle und niederschwellige Weise an eine tiefere Auseinandersetzung mit den stadtplanerischen Veränderungen im Allgemeinen und der zukünftigen Nutzung von Villa Berg und Park im Besonderen heranzuführen.

Die „andere“ Herangehensweise war für mich ausschlaggebend, da ich mich selbst von „klassischen“ Bürgerbeteiligungsprozessen nicht angesprochen fühle. Mich schreckt die meinen Wünschen übergeordnete Expertise ab und ich kann und will die anscheinend erforderliche Vertiefung in verschiedene Fachgebiete in der Regel nicht leisten. Und das obwohl ich der Meinung bin: Genau das darf nicht sein. Besser als jeder Experte weiß der Mensch, was er braucht, was ihm und seinem Umfeld fehlt, was falsch läuft.

Was ist meine Erfahrung mit Bürgerbeteiligung? Was fand ich gelungen?

Ich habe keinerlei Bürgerbeteiligungs-Erfahrung einbringen können, habe jedoch erlebt, dass eine Begegnung auf Augenhöhe – ein Austausch zwischen Menschen, denen das Thema wichtig ist – die Menschen ermutigt hat, offen ihre Geschichten und Erinnerungen, ihre Wünsche und Visionen, ihre Vorbehalte und Ängste zu äußern – vom 6-jährigen Kind bis hin zur 82-jährigen Anrainerin. Die spielerische Herangehensweise habe ich als sehr förderlich empfunden, da es den Menschen die Möglichkeit gab groß zu denken und Visionen zu entwickeln. Die Diskussion mit anderen ermöglichte eigene Ideen in Beziehung zu anderen zu setzen und selbst Relevanz und Vereinbarkeit verschiedener Vorstellungen abzugleichen.

Die von Geschichte trifft Zukunft – Occupy Villa Berg erprobten Formate zielen weniger auf den starken Moderator, der in vielen Fällen das Wort des Einzelnen beschneiden muss, um „zur Sache zurück zu kommen“ oder das gesetzte Zeitlimit einzuhalten. Vielmehr geschah der Austausch, die Diskussion unter den Menschen selbst. Das Team von Occupy Villa Berg hat sich hier besonders zurückgenommen.

Ich habe „unsere“ Art des Sammelns, der Weiterentwicklung und Diskussion als eine richtige und wertschätzende wahrgenommen: Ich habe die Menschen als sehr offen, neugierig, wissbegierig und gestaltungsfreudig erlebt. Einige von ihnen haben mich mit ihren Geschichten, Erinnerungen, ihrem persönlichen Bezug zu Villa Berg und Park sehr gerührt, viele haben mich mit ihren Ideen, Projekten und Initiativen – die zur Zeit in Stuttgart keinen Ort finden – tief beeindruckt. Hierfür muss Platz sein: Eine 60-jährige Anrainerin darf sich mit ihren Erinnerungen an ihre glücklichen Zeiten im Park Berg ebenso wenig deplatziert fühlen wie der 30-jährige Migrant, der einen Ort für seine erste bürgerschaftliche Initiative in Stuttgart sucht.

Bürgerbeteiligungsprozesse sollten stärker mit niederschwelligen Formaten arbeiten, um die Bürger nicht abzuschrecken, um sie zu interessieren, zu ermutigen und ihre Leistung im Prozess auch anzuerkennen und wertzuschätzen.

Erfahrungsbericht Tabea Freutel

Ich fand die gesamte Initiative von Anfang an unglaublich professionell, offen und strukturiert. Leider habe ich selbst sehr schnell gemerkt, dass ich neben meinem Job in der aktuellen Phase überhaupt nicht die Zeit finden konnte, mich so einzubringen, wie ich es gerne getan hätte. Das Projekt hat auch ein unglaubliches Tempo entwickelt.

Die Treffen, die Veranstaltungen, der Austausch mit Gästen und die internen Diskussionen, bei denen ich dabei war, habe ich sehr genossen. Menschen die Gelegenheit zu geben über ihre Erinnerungen und Ideen zu sprechen, so wie es bei den Picknicks und Interviews war, ist wichtig und erfordert Gespür und Vertrauen. Das ist dem Team, denke ich, sehr gut gelungen. Großes Lob an alle, die das Projekt mit hunderten Beiträgen und Treffen zum Leben erweckt und am Leben erhalten haben.

Was ich für mich mitnehme, ist, dass es sich immer lohnt nachzufragen „Wer steckt eigentlich hinter der Idee?“ und dass es schön ist, dass sich eine so große Gruppe von unterschiedlichen Menschen findet, die sich für dasselbe Ziel einsetzen wollen und dabei auch noch Spaß zu haben.

Als großes Fragezeichen nehme ich mit, wie man tatsächlich diejenigen erreichen kann, die nie gefragt werden, doch dafür braucht es zunächst einmal mehr Zeit.

Erfahrungsbericht Thorsten Puttenat

Die letzten vielen Monate der Arbeit mit Occupy Villa Berg waren sehr an- und aufregend. Die Beschäftigung mit dem Gesamtareal vertiefte sich im Laufe der Zeit zusehends. Und obschon es auch innerhalb der Initiative unterschiedliche Ansichten bezüglich seiner Zukunft gibt, so wurde doch stets deutlich, dass jede Meinung willkommen war. Wir schafften es diese pluralistische Meinungsfreiheit zu leben, ohne dass es deshalb zu internen Reibungen oder gar Streitereien kam. Eine sehr schöne, vielfältige und wichtige Erfahrung mit mehr als 20 Menschen, die sich zuvor größtenteils nicht kannten. Talente und Potenziale wurden eingebracht, Aufgaben wurden kooperativ auf viele Schultern verteilt.

Für mich selbst kristallisierte sich während des Prozesses ein subjektives Bild eines möglichen Konzeptes heraus, befruchtet durch all die Meinungen jener BürgerInnen, die sich aktiv an der „Entscheidungsfindung“ beteiligten.

Villa Berg

Ein offenes, vielseitiges Haus. Montags eine Lesung, dienstags ein Theaterstück, mittwochs eine Podiumsdiskussion, donnerstags Poetry Slam, freitags ein ruhiges Konzert, samstags ein Tanzabend für Senioren, sonntags ein Flohmarkt. An sämtlichen Tagen könnten tagsüber  unterschiedliche Workshops stattfinden, sowohl für Jugendliche und Kinder als auch für Erwachsene und Senioren.

Park der Villa Berg

Mischkultur, aufgeteilt in verschiedene Bereiche – beispielsweise Ruhezone, Urban Gardening, Hundewiese, Kunst- und Kulturmöglichkeiten am Halbmondsee, historische Bereiche, Fußballplatz.

Sendestudios

Kein Abriss. Auf 20.000 Quadratmetern Grundfläche findet sich hier bereits eine weitgehend funktionierende Infrastruktur für das, was Stuttgart braucht – beispielsweise Räume für Kunst- und Kulturschaffende, für Vereine, Theater, Werkstätten, Proberäume, Ateliers, Filmkunst, Kreativwirtschaft. Im Gegensatz zu den im Raum stehenden Kosten von knapp 7 Millionen Euro, die man für Abriss und Parkwiederherstellung an dieser Stelle benötigen würde, könnte eine Weiternutzung Gelder einbringen.

Zusammenspiel von Villa, Park und Sendestudios als Gesamtkonzept

Ein kultureller, mit künstlerischen Elementen bespielter Ort, der allen zugänglich ist und ein mannigfaltiges Nutzungsangebot bietet, das den unterschiedlichen Generationen der BürgerInnen gerecht wird. Alle drei Bereiche würden sich gegenseitig befruchten und dem Gesamtareal eine offene, belebte Atmosphäre verleihen.

Mein Fazit

Unsere Stadt hat hier die Chance ein Projekt mit Modellcharakter zu entwickeln, das über Stuttgart hinausstrahlen könnte. Ja, an diesem Ort besteht die Chance, etwas wirklich Außergewöhnliches und Besonderes zu schaffen – um einem lebendigen Zusammenspiel von Historie und Zukunft auf innovative Weise gerecht zu werden und der Stadtgesellschaft ein vielschichtiges Angebot zu machen.

Erfahrungsbericht Christine Blankenfeld

Occupy Villa Berg war für mich persönlich eine sehr wichtige folgenreiche Erfahrung: Es gibt in dieser Stadt, in Stuttgart, eine Menge toller, hochkompetenter Menschen, die sich mit Lust und Leidenschaft für etwas einsetzen wollen und können. Jenseits der üblichen Pfade. Die Stadt und ihre Menschen haben etwas zu bieten, was niemand bezahlen kann. Engagement!

Was habe ich daraus gelernt? Für mich war vor allem unser Stand auf der Langen Ost-Nacht ein Schlüsselerlebnis. Das große Luftbild vom Park und der näheren Umgebung, das wir auf die Straße geklebt hatten, zog die Leute magisch an. Sie blieben stehen und kamen ins Gespräch. So ein Gespräch braucht Zeit. Viel Zeit. Die Menschen, die hier leben, verbindet etwas mit ihrem Park: Kindheitserinnerungen, Konzerte, Spazierengehen, Schachspielen und tausend andere Dinge. Der Park liegt ihnen am Herzen. Und wer sich einmal auf das Gedankenspiel „Was soll daraus werden?“ eingelassen hatte, sprudelte schnell vor lauter kleinen und großen Ideen. Gerade unsere Offenheit, dass wir alles ohne Wertung aufgenommen haben, hat uns Tür und Tor geöffnet. Wären wir mit einer Idee, einer Forderung in diesen Prozess gegangen, wäre all das nicht möglich gewesen.

Ich glaube zudem, der Park und seine Bauten haben Glück gehabt. Dafür steht symbolisch die Villa Berg selbst. Sie schläft ihren Dornröschenschlaf. „Vernagelt und vergittert nagt die Zeit an ihr und die Patina des Verfalls überzieht alles … wie eine Decke des Vergessens“, schreibt die Bloggerin Marianne Kreichgauer. Das eröffnet Freiräume, regt zum Träumen an. Was aber nicht bedeutet, dass der Park nicht lebt! Da gehen Menschen spazieren, joggen, Hunde ausführen. Kinder toben über die Wiesen. Es gibt einen Spielplatz. Besonders beeindruckt hat mich eine Tai-Chi-Gruppe, die stundenlang übte. Was ein Anblick vor der schlafenden Villa!

Meine Vision

Häusslerpleite, Investorenstreit und Politik haben die Villa Berg wachgeküsst. Seitdem kakelt und krakeelt es in der Stadt: Wem gehört der Park? Die Villa Berg? Die Funk- und Fernsehstudios? Und was soll aus ihnen werden? Einige sagten: „Lasst doch alles einfach so, wie es ist!“ Dieser Gedanke hat mich beschäftigt, auch wenn ich ihn in dieser Absolutheit nicht teile. Dahinter steckt die Sorge, dass hier viel Geld ausgegeben werden könnte. Und dann der Charme der Anlage zerstört wird und die Anwohnerinnen und Anwohner das Nachsehen haben.

Wer sind die Anwohner? Das Gebiet rund um die Villa Berg erscheint überschaubar. Dennoch „eröffnet sich bei genauer Betrachtung ein bunter Mikrokosmos mit fast allen Facetten der Stuttgarter Stadtgesellschaft. Viele Nationalitäten, jung und alt, reich und arm treffen auf engem Raum aufeinander,“ schreibt Michael Haußmann in seinem Beitrag. Auch das Bildungsniveau innerhalb des Gebiets ist kleinräumig betrachtet höchst heterogen. Nein, das hier ist kein privilegierter Stadtteil, aber auch kein Moloch.

Ich finde: Der Park muss Ruhepol und Lebenszentrum bleiben und zuerst für die Menschen in seiner Nachbarschaft da sein. Anderseits stellt sich für mich auch die Frage, was mit der Villa Berg selbst und den Funk- und Fernsehstudios geschehen soll. Die meisten wollen die Villa Berg erhalten sehen. Mit einer offenen kulturellen Nutzung für alle, nicht teuer, nicht Luxus.

Zu den Funk- und Fernsehstudios dagegen gehen die Meinungen weit auseinander. Ich finde: Abriss und Renaturierung für 7 Millionen Euro sind viel, sehr viel Geld dafür, dass zum Schluss eine grüne Wiese herauskommt. In mir sträubt sich alles dagegen. Die Gebäude sind hässlich, keine Frage. Sie gehören aber zu den historischen Schichten dieser Stadt. Und sie stehen baulich offensichtlich gut da! Ein schonender Umgang mit Ressourcen sieht anders aus, als sie einfach abzureißen – ökologisch wie finanziell. Stuttgart leidet unter einem eklatanten Mangel an kostengünstigen Räumen für soziale und kulturelle Nutzungen. Die drei Tiefgeschosse ohne Tageslicht ergeben Proberäume für Bands und für Musiklehrer. Schalldicht. Da dringt kein Ton nach Außen. Auch der Modelleisenbahner-Verein braucht viel Platz und kein Tageslicht. Der sucht nämlich Räume, sagte ein Herr auf der Langen Ost-Nacht. Die vielen Ideen, Bedürfnisse und Bedarfe, die wir gesammelt haben, können in der Villa Berg selbst nicht einmal im Ansatz Raum finden. Dazu ist sie zu klein. Die Funk- und Fernsehstudios bieten dagegen allen Platz der Welt! Und sie sind schon da. Nicht teuer sanieren, sondern Raum schaffen für Subkultur, das ist meine Vision. Wenigstens als Zwischennutzung, die aber für mindestens 10 Jahre.

Und ganz besonders würde ich mich freuen, wenn Stuttgart hier auch organisatorisch neue Wege geht. Eine Bürgerstiftung, ein Nutzerrat, ein Gemeinwesenprojekt „Villa Berg“. Auch was die Finanzierung angeht. Der Bremer Bürgerpark lässt grüßen. Und viele andere Beispiele mehr, wie auch dieser Bericht zeigt. Packen wir es an!