Georg Schiel (Landschaftsplaner)

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Zum Abschluss von Occupy Villa Berg interviewen wir engagierte Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Aktionen den Park der Villa Berg bereichert und belebt haben. So haben wir auch Georg Schiel,  Landschaftsplaner und Experte bei den Parkführungen 2014 und 2015 ein paar Fragen gestellt.

Könnten Sie uns die Führungen, die Sie angeboten haben, kurz beschreiben?

Der Ausgangspunkt für die Führungen war die Haltestelle Mineralbäder. Wir starten also in der Talsohle des ehemaligen Nesenbachs in den heutigen Unteren Schlossgartenanlagen. Am Ausgang des Tales liegen auf der einen Seite das Schloss Rosenstein und auf der anderen Seite der Park und die Villa Berg.

Von der Haltestelle sind wir am Berger Bad (Neuner) vorbei zum Fuße des Hügels gegangen, auf dem die Villa steht. Dort beginnt der Park der Villa Berg. Nach kurzem Anstieg sieht man auf der linken Seite die Wohnungsneubauten, die durch ihre Größe und Masse den Park stark bedrängen.

Bald erreichen wir das Belvedere. Ursprünglich hatte man von hier einen schönen Blick bis in die Innenstadt Stuttgarts. Wir sehen auf die Heilandskirche und die Gebäude des SWR, die durch ihre Größe die Aussichten aus dem Park stark beeinträchtigen. Wir befinden uns hier im stark architektonisch geprägten Parkteil, der Elemente der Neorenaissance aufweist.

Vom Belvedere aus gehen wir Richtung Osten und erkennen die erhaben stehende Villa Berg. Am stillgelegten Wasserbecken vorbei gehen wir auf die unter Denkmalschutz stehenden Funkstudios des SWR zu und erreichen auf dem breiten Weg einen schönen Aussichtspunkt auf die Unteren Schlossgartenanlagen, den Rosensteinpark und das Schloss Rosenstein.

Auf dem weiteren Weg Richtung Süden gehen wir zwischen den Gebäuden des SWR auf die Villa zu. Hier war ursprünglich eine wichtige Baumallee, welche die Villa mit dem o.g. Aussichtspunkt verband. Von der herrschaftlichen Gartenanlage um die Villa ist nichts mehr übrig geblieben. Von der südlichen Terrasse hat man einen schönen Blick auf die umliegende Landschaft und auf die vernachlässigte Gartenanlage aus den sechziger Jahren über der Tiefgarage.

Der Ostteil des Parks, der im englischen Gartenstil entwickelt wurde, beherbergt einen schönen alten Baumbestand. Am ehemaligen Prallhang des Neckars, von dem man eigentlich einen schönen Blick auf Bad Cannstatt und Grabkapelle hätte, versperrt dichter Baumbestand den Blick. Auf dem Weg entlang des Prallhangs erreicht man die Berger Kirche mit einem herrlichen Blick aufs Neckartal. Von hier ist es nur ein kurzes Wegestück bis zum Ausgangspunkt zurück.

Welche Orte sind Ihnen im Park wichtig?

Die Villa Berg sitzt auf dem Hochpunkt des Geländes. Von ihr aus fällt das Gelände des Parks in alle Richtungen ab. Somit sind alle Aussichtspunkte des Parks mit ihren unterschiedlichen Blickrichtungen und -achsen (Belvedere, Aussichtspunkt Rosensteinpark, Prallhang am Neckar und Terrassen der Villa Berg) wichtige Ort, die bei einer Führung nicht fehlen dürfen.

Welche Besonderheiten zeichnen aus Ihrer Sicht den Park aus?

Der Park der Villa Berg ist gestalterisch in zwei Teile geteilt. Der süd-westliche Teil des Parks zeichnet sich durch eine strenge architektonische Gestaltung im Neorenaissance-Stil aus. Der nord-östliche Teil entspricht mehr dem englischen Gartenstil. Beide Stile harmonieren mit dem Standort der Villa. Die Blickbeziehungen innerhalb des Parks, aber vor allem die Aussichten in die nähere und fernere Umgebung, machen den Reiz dieses einmaligen Standortes aus.

Was wollten Sie den Teilnehmern vermitteln?

Die Teilnehmer der Führung konnten den einmaligen Landschaftsraum am Ende des Nesenbachtals und am Rande des Cannstatter Beckens erleben und die ursprüngliche Gestaltungsvielfalt eines Parks des neunzehnten Jahrhunderts erahnen. Ein vernachlässigter Park, der es Wert wäre, dass ihn die Stadtgesellschaft wieder entdeckt und nutzt.

Was nehmen die Teilnehmer mit?

Mitten in der Großstadt gibt es einen Park, den viele zuvor nicht kannten, der viel an Natur und Gartenkultur zu bieten hat und für den sich Engagement lohnt. Die Reaktionen auf den Park waren durchwegs positiv. Gleichzeitig gab es viel Unverständnis darüber, wie die Institutionen SWR und Stadt mit dem Park und der Villa umgegangen sind.

Was bedeutet der Park der Villa Berg für Sie?

Der Park ist für mich ein Stück Kulturlandschaft und überliefertes Erbe aus der monarchischen Zeit. Ein wohnungsnaher Natur- und Erholungsraum mit einem vielfältigen Angebot für alle Generationen.

Welche Vorschläge und Ideen haben Sie, um die Villa Berg und den Park weiter zu beleben?

Für die weitere Entwicklung des Parks ist ein Parkpflegewerk unabdinglich, das die historischen Unterlagen mit dem Ist-Bestand vergleicht und Vorschläge erarbeitet, wie der Park sich weiter entwickeln soll. Vor allen die Fehlentwicklungen im Baumbestand sind zu korrigieren und die Wege und Möblierung zu erneuern. Die Villa sollte einer öffentlichen Nutzung, die ein breites Spektrum abdeckt, zugeführt werden. Möglichst viele Bevölkerungs- und Altersschichten sollten von ihr profitieren können. Einen gepflegten Park muss man nicht mit Animation beleben. Er zieht die Menschen von alleine an.